Malmesser machen frei!

Sicherlich werden sich einige von euch schon einmal die Frage gestellt haben, warum man überhaupt Malmesser statt Pinsel benutzen soll. Im Vorwort habe ich schon einige Gründe genannt und will diese hier noch ein wenig weiter ausführen.

 

Neben einigen anderen Vorteilen bringt die Arbeit mit dem Malmesser den Künstler dazu, sich von seiner Detailverliebtheit zu verabschieden. Ich kenne wirklich viele Hobbykünstler, die immer wieder versuchen, ein Motiv möglichst exakt zu treffen. Wenn ich dann mit dem Pinsel arbeite, führt das rasch dazu, dass sich immer mehr der Kopf einschaltet und der Drang nach möglichst großer Perfektion ein lustvolles Malen verhindert. Zudem wird das Ergebnis in der Regel nie genau so aussehen, wie ich es geistig vor Augen habe. Der Drang zur Perfektion ist also häufig ein Hindernis in der malerischen Entwicklung.

 

Aus meiner Erfahrung gibt es zwei gute Tipps, den Einfluss des Kopfs abzuschalten: Entweder ich verwende so große Pinsel, dass ich nicht mehr in der Lage bin, Details exakt zu malen. Oder ich setze Malmesser ein und befreie mich damit vom inneren Druck, ein Meisterwerk abliefern zu müssen. Versucht es, ihr werdet überrascht sein, wie realistisch eure Bilder plötzlich aussehen, obwohl ihr sie weniger „perfekt“ malt!

 

Bei der Arbeit mit dem Malmesser wird die Farbe in den meisten Fällen nicht dünn, sondern dick, pastos aufgetragen. Der Begriff beschreibt bildhaft die für den Einsatz eines Malmessers wichtigste Eigenschaft der Farbe bzw. Strukturpaste: Sie muss wie eine Paste cremig-fest sein und darf nicht fließen.

Verdünner finden nur bei ausgefalleneren Techniken Verwendung, z. B. bei der Herstellung der aktuell so beliebten Acryl-Fließbilder ("Pouring"). Die Kombination aus flüssiger Farbe und Spachtel ergibt dabei eine Vielzahl von interessanten Effekten.

 

Wenn ich pastos arbeite, sind sowohl in der Farbe als auch in der Strukturpaste die Spuren des Malmessers erkennbar. Richtig eingesetzt verleihen die so erzeugten Erhöhungen und Vertiefungen dem Bild mehr räumliche Tiefe und verstärken gleichzeitig den Lichteinfall. Bei dem Portrait eines Löwen habe ich dadurch beispielsweise erreicht, dass die Augen den Betrachter immer anschauen, egal wo er im Raum steht.

 

Damit diese Effekte erreicht werden, können nur bestimmte Farbarten oder eben die bereits erwähnten Strukturpasten verwendet werden. Beide müssen standfest sein, so dass sie auch bei dickem Auftrag nicht zerfließen. Ölfarben haben diese Eigenschaften von Natur aus, bei Acrylfarben gibt es dafür spezielle Produktlinien. Manche Hersteller nennen sie „heavy body“ oder gar „super heavy body“. Man kann jedoch auch normale Acrylfarben zum Spachteln einsetzen, wenn man ihnen Sand, Strukturpaste oder auch spezielle Hilfsmittel wie z. B. den Acrylverdicker Rohagit® von der Firma Kremer beimischt.   

 

Wenn ihr einfach mal die Arbeit mit dem Malmesser ausprobieren wollt, empfehle ich euch ein Set zu kaufen, das sollte die am häufigsten verwendeten Formen enthalten: Spatel, Trapez und Tropfen. Wählt als erstes Motiv eine einfache Vorlage aus oder probiert einfach abstrakt herum. Ich wünsche euch viel Spaß beim Experimentieren. 

Dieses Malmesserset der Firma Artmaterial International (AMI) ist ideal für Anfänger geeignet. Es enthält eine Auswahl gut einsetzbarer Klingentypen.